RTL, Samstagabend, 07.05.2011, 20.15 Uhr: Deutschland sucht den Superstar in der 8. Staffel. Nach rund 4 Stunden war es amtlich. Pietro Lombardi ist Deutschlands neuer Superstar 2011. Und, ganz ohne Zweifel war seine letzte Performance auch eine ausgesprochen gute. Dieter Bohlens selbst komponierter Song „Call my name“ verhalf dem sympathischen Sänger mit der natürlich naiven Ausstrahlung zum Durchbruch; Perfekt performt, mit guter Stimme passend auf den Lombardi-Stil zugeschnitten. Sarah Engels, die letztendlich zweite Gewinnerin und wie immer technisch perfekt, hatte bei diesem Song keine Chance. Die Lombardi-Fangemeinde schlug zu und wählte den popelnden, sich im Schritt kratzenden und unter dem Arm riechenden Sympathen auf Platz Eins.
Schlimm daran ist eigentlich nur mal wieder die Tatsache, dass Dieter Bohlen für die beiden Finalisten einen „neuen“ Song komponierte, der auf der RTL-Bühne die angebliche Welturaufführung erfahren sollte.
Beim Hören des Songs halte ich es dann mit einem Zitat von den Prinzen: „Es ist alles nur geklaut“. Den Song kannte ich, wenngleich ich mich in dem Moment nicht daran erinnern konnte, wo und wann ich diesen nun schon einmal gehört haben wollte.
Um es auf den Punkt zu bringen: „Call my name“ ist im besten Fall eine (ungenehmigte?) Bearbeitung des Originals von „OneRepublic“ mit dem Titel „Marching On“ (Live gesehen im ZDF Morgenmagazin am 04.06.2010), also fast genau 11 Monate VOR der angeblichen Uraufführung von „Call my name“.
Die Musikprofis wissen um die verwertungsrechtlichen Regeln im Music-Business: Bei einer ungenehmigten Bearbeitung gibt es nicht nur keine Geld von der Verwertungsgesellschaft, sondern im besten Fall auch noch eine saftige Strafe wegen Copyrightverletzung der Autoren (Komponisten und Texter). Die Melodienfolge ist im Vergleich der beiden Titel prinzipiell identisch, der Text wurde ausgetauscht. Dieser Tatbestand stellt mindestens eine (Text-) Bearbeitung dar, eine (Musik-) Bearbeitung beinhaltet diese Version jedoch nicht. Vorsichtigerweise könnte von einem Musikarrangement gesprochen werden, was eine „Bearbeitung“ im weitesten Sinne darstellt. Um als Bearbeitung allerdings von der Verwertungsgesellschaft anerkannt zu werden, müssten wesentliche (erkennbare) Teile des Werkes bearbeitet und damit neu komponiert sein, was in diesem Fall stark bezweifelt werden darf. Von Eigenkomposition kann also gar keine Rede sein. Die Tantiemen bei einer genehmigten Bearbeitung belaufen sich auf 1/12 der Einnahmen bei einer Aufführung des Titel, bei ungenehmigten Bearbeitungen gibt es gar kein Geld und der Bearbeiter geht leer aus.
Man kann nur hoffen, dass dies die Verwertungsgesellschaften zur Kenntnis nehmen und entsprechend reagieren. Was die Ehr- und Copyrightverletzung der Originalautoren betrifft, stehen die Reaktionen darauf auf einem anderen Blatt geschrieben. In der offiziellen Datenbank der Gesellschaft zur Verwertung von Aufführungs- und mechanischen Vervielfältigungsrechten GEMA sind 111 Werke mit dem Werknamen „Call my name“ von unterschiedlichen Autoren registriert. Von „Marching On“ sind es gerade mal „schlappe“ 19 Werke. Das besagte Originalwerk stammt von dem Autor Ryan B. Tedder, Mitglied der amerikanischen ASCAP. Dass mal wieder „über den großen Graben hinweg“ geklaut wurde, macht die Sache natürlich einfacher, ist der amerikanische Urhebermarkt aus europäischer Sicht doch eher eine „Black Box“. Beide Systeme, amerikanische und europäische Urheberrechtsregelungen sind nur schwer kompatibel, Tantiemenansprüche im regulären Tagesgeschäft schwer durchzusetzen. Es bleibt abzuwarten, wer welche Ansprüche darauf geltend machen wird. Der RTL-Song-Contest bleibt über sein Ende hinaus spannend. Es empfiehlt sich, wie bei Guttenberg geschehen, nicht nur die Fußnoten wegzulassen, sondern auch darauf zu achten, dass mögliche Feinde sehr weit weg „wohnen“.
Dem Interpreten Lombardi kann dies egal sein. Er hat den Titel zeitgemäß interpretiert, seine Fans auf seine Seite gezogen und den Contest damit für sich entschieden. Er hat sozusagen den Fans die „Vögel in den Bauch gesungen“. Oder waren es doch Schmetterlinge mit Punkten?
U.D.A.
Urteilen Sie selbst. Der Song „Call my name“ gesungen von Pietro Lombardi, Superstar 2011, angeblich von Dieter Bohlen komponiert.
Das Original „Marching On“ von letztem Sommer, gesungen von OneRepublic zur WM im ZDF, 2010
Der Anfangsteil von „Call my name“ wurde dann obendrein noch ein bisschen aus dem Anfangsteil des Songs „Use Somebody“ der Band „Kings on Leon“ abgekupfert.
„Es ist alles nur geklaut“. Der Song „Call my name“ ist mal wie schon so oft ein Paradebeispiel für den Klau geistigen Eigentums. Es ist nicht das erste, leider vermutlich aber auch nicht das letzte Mal.
Pietro Lombardi (2011 im DSDS-Finale): „Wie heißt das, diese Vögel, wie heißen die, ja Schmetterlinge halt, diese bunten Teile, mit Punkten und so, Schmetterlinge sind ganz schöne Vögel, sind das Vögel ja oder, Insekten?“